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Rezension: “Eine neue Geschichte der Zukunft – Wer wir sind. Wo wir herkommen. Wer wir künftig sein können.”

Cover: "Eine neue Geschichte der Zukunft – Wer wir sind. Wo wir herkommen. Wer wir künftig sein können."

von Mate Sieber

Wie schaffen wir es, die Ressourcen und damit das Klima zu schützen? Was ist das Kostbarste, was wir Menschen haben können, um glücklich zu sein? Und in welchem Zusammenhang stehen beide Fragen? Das Buch „Eine neue Geschichte der Zukunft – Wer wir sind. Wo wir herkommen. Wer wir künftig sein können.“ versucht, darauf eine Antwort zu geben. Sicher ist, dass der wichtigste Akteur der Mensch und dessen Handeln ist.

2022 veröffentlichte Marc Pendzich, der sich als Komponist, promovierter Musikwissenschaftler, freier Dozent und Zukunftsaktivist bezeichnet, das Buch „Eine neue Geschichte der Zukunft – Wer wir sind. Wo wir herkommen. Wer wir künftig sein können.“ Auf rund 115 Seiten, die in ganz unterschiedlich gestaltete Essays aufgeteilt sind, versucht Pendzich neben dem Rück- und Ausblick im ersten Kapitel verschiedene Elemente der aktuellen gesellschaftlichen Form in den Blick zu nehmen und auch Kritik daran zu üben. Das Buch endet mit einem Klimanifest für das „Jetzt-Handeln“ und mit den Leitlinien4Future.

Der erste Essay bildet aus meiner Sicht den ersten Abschnitt. Mit der gleichnamigen Überschrift des Buches versucht sich Pendzich an einer neuen, möglichen Grunderzählung unserer Gesellschaft: „Wer wir sind, wo wir herkommen und wer wir künftig sein können.“ Der Dreiklang bestehend aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bietet jedem, der sich mit dem Thema Klimaschutz befassen will, die Möglichkeit, in die Gedanken des Autors und des Themas einzudringen. Vor der Skizzierung des Dreiklangs wird der Mensch als Teil des Lebenskreislaufes betrachtet. Dabei sind alle Menschen gleich und befinden sich in einer Symbiose mit ihrer Umwelt. Zudem haben die Menschen Grundbedürfnisse, deren Erfüllung existenziell ist und die sich mit Veränderung der Gesellschaftauch ändern. Laut Pendzich haben sich die Menschen im frühindustriellen Zeitalter zum Teil von deren bisherigen Leben entfremdet. Bei den Schlussfolgerungen geht es schließlich um eine gegenwärtige Kritik am „schneller, höher, weiter“ und dem „angeblich“ unbegrenzten Wachstum bei limitierten Ressourcen. Für die Zukunft sieht er die Anpassung der bisherigen Lebensweise als zentral an, die Veränderungsschmerzen mit sich bringen wird, um das gesellschaftliche 1,5 Grad Klimaziel zu erreichen.

Im zweiten Abschnitt, der meines Erachtens von Essay zwei bis sechs reicht, befasst sich der Autor unter anderem mit zwölf Grundfragen, die sich aus der Klimakrise ergeben und im Sinn leicht zu beantworten sind. Die Fragen drehen sich um die Verantwortung und die Macht, Entscheidungen treffen zu können. Eigentlich handelt es sich um banale Fragen, deren Antworten nur allzu leicht in den Debatten untergehen – weshalb man sich diese zu selten selbst stellt, geschweige denn, sie beantwortet. Eine dieser zwölf Fragen ist etwa, inwieweit es sinnvoll sei, mit Geld zu argumentieren, wenn es um die Rettung der Zivilisation beziehungsweise der Menschheit gehe. Die bisweilen lang andauernde Politik des Neoliberalismus betrachtet Pendzich währenddessen kritisch und zeitweise ironisch. So macht er, ohne es klar benennen zu müssen, deutlich, dass es kein grenzenloses Wachstum geben kann und dass die bestehenden Probleme, beispielsweise der viel zu hohe Verbrauch an Ressourcen, nicht mit denselben Denkweisen gelöst werden können, durch welche sie erzeugt wurden. Im sechsten Essay geht es um einen konkreten Fall. Hier widmet er sich der Automobilindustrie und den möglichen hohen Verlust an Arbeitsplätzen durch einen fehlenden Innovationswillen, Stichwort Diesel-Affäre, aber auch durch Automatisierung. Zudem tun die geringen Grenzen der Politik ihr übriges: Fehlende Grenzwerte mit Kontrollfunktion sorgen dafür, dass die Innovation auf der Strecke bleibt. „Wer keine Grenzen setzt, muss sich nicht wundern, wenn andere grenzenlos werden.“, so die Prämisse.

Die Essays sieben bis elf fügen sich aus meiner Sicht zum letzten Abschnitt zusammen. Dieser beinhaltet neben einer Beschreibung der verschiedenen Blickwinkel auf die Klimakrise ebenfalls die Aufforderung, für das, was man hat, auch dankbar zu sein, – seien es die Lebensumstände oder auch die kleinen Dinge des Lebens. Zudem, und das ist für Pendzich ein wichtiger Punkt, ist die Krise nicht aussichtslos und Alternativen sind nicht abstrakt. Am Ende beschreibt er die Metapher vom „Web of Life“. Dabei gleicht die Biodiversität des Planeten einem engmaschigen Netz. Dieses Netz trägt uns. Jedes Lebewesen, welches ausstirbt repräsentiert eine durchgeschnittene Masche, wodurch das Netz insgesamt instabiler wird. Zudem wird das Gewicht mit der Zeit immer größer durch die hohe Belastung der Menschen.

Zum Schluss adressiert Pendzich das Klimanifest an viele Gruppen auf der Welt und an die Erde selbst. Diese bilden für Pendzich Gründe, um etwas gegen den Klimawandel zu tun. Die darauffolgenden Leitlinien4Future sollen in Form von Sätzen und Gedanken Mut zur Veränderung geben. Ein sehr treffender Satz, welcher direkt auf der ersten Seite des Abschnittes steht, ist ein Satz von Greta Thunberg, welche bei der Weltklimakonferenz 2018 in Kattowitz sagte: „You´re never too small to make a difference.“ Sehr wichtig, um nicht aufzugeben, sondern auch selbst den Mut zu finden auch anzufangen.

Pendzich liefert in seinem Buch verschiedene Ebenen, die sich gut ineinanderfügen. Zum einen zeigt er die Fehler aus der Vergangenheit und Gegenwart in politischen und gesellschaftlichen Bereichen auf. Zum anderen liefert er mit seiner Konstruktion einer „neuen Geschichte der Zukunft“ auch einen Gegenentwurf zum Status-Quo, wobei er bewusst macht, dass diese Veränderung hin zu seinem gewünschten Punkt auch „Schmerzen“ bedeuten. Er ist realistisch. Mit den verschiedenen Elementen schafft Pendzich etwas, was in der allgemeinen Debatte oftmals nicht gelingt: Er macht sich, seinen Entwurf, seine Gedanken und seine Meinung nachvollziehbar. Zudem holt er mit der gesamten Konzeption und Anordnung der Essays auch die Personen ab, die sich neu mit dem Thema Klimaschutz beschäftigen, was, wie er selbst sagt, auch wichtig ist, da es auf uns alle ankommt: „Auf welcher Seite wirst du gestanden haben, als es um wirklich Alles ging?“ Es ist aber auch eine Lektüre für Menschen, die gegen den Klimawandel und für die Klimaziele bereits kämpfen und wieder Hoffnung und auch Mut tanken wollen.

Mate Sieber ist Masterstudent der Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg.

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