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Rezension: “Sprache der Zuversicht” – Eine andere Welt ist möglich

cover "Die Sprache der Zuversicht"

von Christian Schneider

Ulrich Grober möchte mit seinem neuen Buch “Sprache der Zuversicht” der Resignation der aktuellen krisenhaften Zeiten die Stirn bieten. Zu diesem Zweck begibt er sich auf eine akribische Recherche nach Wortherkünften und ursprünglichen Begriffsbedeutungen. Er zeigt, wie wir sprachliche Tools einsetzen können, um an der Konstruktion einer besseren Welt mitzuwirken.

Another World Is Possible – eine andere Welt ist möglich. Wer schon mal auf einer Klimademonstration war, der wird dort wahrscheinlich auch über diese Parole gestolpert sein. Ulrich Grober holt in seinem neuen Buch „Sprache der Zuversicht – Inspirationen und Impulse für eine bessere Welt“ die ganze Kraft dieser Parole und anderer ikonenhafter sprachlicher Werkzeuge aus der Geschichte hervor. Er stellt sich der neoliberalen Erzählung der Alternativlosigkeit unseres den Planeten ausbeutenden gesellschaftlichen Systems in den Weg. Dabei beginnt der Wandel für Grober in der Sprache. Sie habe die Macht, die Dinge in Licht zu kleiden und mit Hoffnung zu füllen. Grober möchte mit einem ganzen Werkzeugkasten sprachlicher Tools der lähmenden Endzeitstimmung unserer krisenhaften Zeit die Stirn bieten.

Der studierte Germanist ist in der Umwelt-Literaturszene kein unbekannter Autor. Für sein Buch „Die Entdeckung der Nachhaltigkeit“ hatte er 2011 sogar den Brandenburgischen Literaturpreis Umwelt erhalten. Wie wir nun in seinem neuen, 241 Seiten langem Werk erfahren, ist Grober der begeisterte Wanderer von damals geblieben und inzwischen auch ein stolzer Großvater. So beginnt „Sprache der Zuversicht“ mit der Beschreibung, wie seine zweijährige Enkelin Milla die Welt erkundet. Das Wörtchen „Da“ spielt bei ihrer staunenden Entdeckungsreise eine besondere Rolle. Grober erkennt bei seiner Enkelin den „sense of wonder“. Dieser Sinn, die „ungestillte Sehnsucht nach Verzauberung“, welcher auch Grober beim Wandern packt, ist eines jener Tools einer zuversichtlichen Sprache.

Das Buch bleibt jedoch nicht bei solch persönlichen Anekdoten hängen. In insgesamt neun Kapiteln widmet Grober sich den unterschiedlichsten ikonenhaften Begriffen und Parolen. Auf seiner Suche nach den Herkünften und ursprünglichen Bedeutungen dieser sprachlichen Tools nimmt er uns Lesende mit in die Romantik und zu bedeutenden Ereignissen der Zeitgeschichte. Grober offenbart uns, wie das alte Schlagwort der Berliner Schnauze, – „Bange machen gilt nicht“ -, zum Wahlspruch Theodor Adornos und der Frankfurter Schule avancierte. Er erklärt, warum John Lennons Hymne „Imagine“ so erfolgreich war, ordnet aktuelle Krisen ein und bespricht die modernen Ikonen der Klimabewegung.

Einen wichtigen Punkt in der Zeitgeschichte markieren für Grober die bemannten Weltraumflüge zum Mond Ende der 60er und Anfang der 70er-Jahre. Doch er interessiert sich nicht allzu sehr für die Ankunft der Astronauten auf dem Mond. Ein anderer Moment auf diesen Reisen steht im Mittelpunkt von Grobers Ausführungen. Es geht um die Umkehr des Blickes der Astronauten, um die ersten Male, in der Menschen nicht von der Erde in das Universum hinaus, sondern vom Universum auf die Erde schauen. Drei Begriffe destilliert Grober aus den Beschreibungen unseres Planeten durch die Astronauten: Schönheit, Einzigartigkeit und Zerbrechlichkeit.

Die Umkehr des Blickes der Astronauten vom Weltall auf die Erde stellt für Grober eine Metapher dar: Nicht das Immer-mehr, nicht der grenzenlose Konsum zum Zwecke grenzenlosen Wirtschaftswachstums sollte das Ziel unseres Handelns sein, sondern das Bewahren dessen, was wir haben, das Bewahren unseres schönen, einzigartigen und zerbrechlichen, – zarten -, Planeten. Wie das gehen könnte, welche alternativen Lebensmodelle es gibt, auch darauf geht der Autor ein. So widmet er sich etwa der norwegischen Lebensweise „friluftsliv“ (das freie-Luft-leben) oder der von südamerikanischen Völkern stammenden Lebensphilosophie „buen vivir“ (Gutes Leben).

Nach dem Lesen fragt man sich: Und nun? Wie nun weiter mit Grober? Das Buch bewegt sich auf einer Metaebene, schweift hin und wieder ab und verliert sich dann in Symbolischem und Details. Zugegeben, als Leser*in folgt man Grober allzu bereitwillig in diese Abschweifungen, denn der starke Schreibstil zieht einen mit. Zwar liefert Grober keine konkreten Lösungsvorschläge für die Klimakrise, aber das Fundament für eine erfolgreiche Suche nach Lösungen.

„Sprache der Zuversicht“ ist eine Erinnerung an den Wert unseres Planeten und den Wert des Lebens an sich. Ulrich Grober schafft es, die bevorstehende Klimakatastrophe zu benennen, ohne Katastrophismus zu betreiben. Sein Buch sind Ambitionen in Action. Der Glaube an die Möglichkeit der alternativen Welt wächst beim Lesen. Bepackt mit dem „sense of wonder“, genügend Vorstellungskraft, einem gesunden Verständnis von Minimalismus und Nachhaltigkeit, mit Empathie und mit Furchtlosigkeit lässt sich umso zuversichtlicher rufen: Another World Is Possible.

Christian Schneider studiert Journalistik und Kommunikationswissenschaft (MA) an der Universität Hamburg.

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