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Rezension: “Über Klima sprechen – Das Handbuch”

Cover: "Über klima sprechen - Das handbuch"

von Anneke Fritz

Warum schaffen wir es nicht, über die Klimakrise und mögliche Lösungen zu sprechen, wenn die Fakten doch so klar auf dem Tisch liegen? Christoph Schrader zeigt in seinem Buch “Über Klima sprechen. Das Handbuch” die Vielschichtigkeit und Multidirektionalität der Kommunikation auf und hilft den Leser:innen zu verstehen, wie eine erfolgreiche Klimakommunikation funktionieren kann.

Das zunächst digital veröffentlichte Buch schrieb der Wissenschaftsjournalist Christoph Schrader kapitelweise über einen Zeitraum von 1,5 Jahren, bevor es schließlich im Sommer 2022 als gedrucktes Gesamtwerk erschien. Enthalten sind neben theoretischen Passagen auch alltagstaugliche Anwendungsbeispiele und Übungen, um als Leser:in nicht nur mit abstrakten Theorien konfrontiert zu werden, sondern selbst aktiv zu werden und die eigene Perspektive zu überdenken.

Dabei setzt Christoph Schrader ganz an den Anfängen der Kommunikation an: Warum handeln wir nicht, wenn die Fakten klar sind? Das schlüsselt der Autor im ersten Abschnitt seines vierteiligen Buches auf. Zunächst hilft er dem Leser, sich klarzumachen, was in der Vergangenheit schieflief. Dazu gehört auch, sich selbst seiner eigenen Denkmuster klar zu werden. Für eine erfolgreiche Kommunikation reicht es nicht, lediglich Fakten zu verbreiten, davon gibt es bereits genug. Entscheidend ist das was und das wie. Zielgruppengerechte Ansprache spielt eine genauso wichtige Rolle wie die Information und der Appell selbst. Welche:r leidenschaftliche Autofahrer:in lässt sich schon gerne sagen, dass sein:ihr Auto für die großen Probleme der Welt verantwortlich ist?

Der zweite Teil, “Vorbereiten”, dreht sich vor allem um das Publikum und die Botschaft. Dabei geht Schrader auf die unterschiedlichen Ideologien, Wertesysteme und gesellschaftlichen Strukturen ein, die den Erfolg der Kommunikation beeinflussen. Wichtigstes Take-Away: Spaltung vermeiden durch die Berücksichtigung der Werte aller Gruppen.

In Teil Drei, “Showtime”, geht es darum, wie der Name impliziert, das Gelernte in die Praxis umzusetzen. Schrader appelliert, den Klimawandel konkret zu machen. Abstrakte Geschichten über schmelzende Eisberge in Tausenden Kilometern Entfernung berühren kaum jemanden. Währenddessen ist es wichtig, keine Weltuntergangsstimmung zu erzeugen. So schreckt man sein Publikum ab und erstickt jedes Fünkchen Hoffnung; Stichwort Katastrophismus – wozu überhaupt etwas ändern, wenn eh schon alles verloren ist? Mit positiven Bildern und konkreten Handlungsoptionen hingegen macht man die Klimakrise viel greifbarer und holt seine Zuhörer:innen aus der Ohnmacht.

Zum Schluss des Handbuches ruft der Klimaautor dazu auf, die eigene Kommunikation zu testen und zu evaluieren; dies ist einer der wichtigsten Schritte, um ihre Wirksamkeit zu garantieren.

Im Buch enthalten sind gängige Kommunikationstheorien wie Framing, aber auch Ansätze und Hintergründe aus den Fachgebieten Psychologie und Sozialwissenschaften. Schrader erklärt die psychologischen Hintergründe sowohl als auch die gesellschaftlichen und individuellen Mechanismen, die eine funktionierende Klimakommunikation so schwer machen. Dabei schafft er es, sich nicht in fachspezifischen Umschreibungen zu verlieren, sondern findet klare Darstellungen, um auch fachfremden Leser:innen einen Zugang zu dem wichtigen Hintergrundwissen und der Rolle der zwei Fachgebiete zu ermöglichen. Für Interessierte bietet Schrader auch noch weiterführende Links und Materialien, die online abrufbar sind.

Das Buch konzentriert sich auf Kommunikation als wichtigstes Handwerk in der Klimafrage. Christoph Schrader versucht dabei an keiner Stelle, einen allgemeingültigen Handlungsansatz zu erfinden. Im Gegenteil, er zeigt mittels verschiedener Strategien und Methoden, wie situations- und zielgruppenabhängig Kommunikation ist. Mit seinen Anwendungsbeispielen lässt er dem oder der Leser:in genug Spielraum, eigene Gedanken zu bilden, aber hält auch das, was er verspricht:

Er leitet an, um künftig eine gemeinsame Basis in Sachen Klimawandel zu finden. Denn wie soll Veränderung geschaffen werden, ohne darüber zu reden? Um mit Schraders Worten abzuschließen: “Es mag sein, dass Reden nicht reicht. Aber damit fängt es an.”

Anneke Fritz ist Masterstudentin der Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg.

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